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Rosi Rosine

Rosi Rosine – Eine Weihnachtsgeschichte

„Ach, bin ich froh, daß ich damals nicht zu Wein verarbeitet wurde! Da waren die Trauben zerdrückt und jeder Tropfen Saft gewaltsam heraus gepresst.“ So sprach Rosi, die kleine Rosine. „Na, uns vertrocknen zu lassen ist auch nicht besser. Seht doch, wie schrumpelig ich schon aussehe! Dabei war ich einmal die größte und schönste Beere an meiner Traube.“ Erwiderte jemand. „Ich habe gehört, die Menschen backen mit uns Kuchen und Brötchen. Und wenn man ganz großes Glück hat, kommt man in einen Weihnachtsstollen. Das ist etwas ganz Besonderes und soll sehr schön sein.“ berichtete eine andere Person.

Von nun an war alles klar. Rosi wollte unbedingt eine Stollenrosine werden. Für Rosi stand fest, sie wollte die schönste, dickste, süßeste Rosine in einem Weihnachtsstollen sein. Einmal auf einer festlich gedeckten Tafel unter leuchtenden Kerzen bei feierlicher Musik, zusammen mit Zitronat, Mandeln und Gewürzen in einem duftenden Stollen – das war ihr sehnlichster Wunsch.

Seit Tagen lag Rosi zusammen mit vielen anderen Rosinen in einer Verpackung. Drittes Warenregal, rechts unten im Supermarkt; das war ihre neue Adresse geworden. Mit jedem Tag wurde sie trauriger, denn das Fest rückte immer näher und niemand kaufte die Packung, in der das kleine Rosinchen so ungeduldig wartete. Sie wurde immer trauriger, weil die Zeit verging und verging. Gerade in dem Moment, als auch der letzte Funken Hoffnung aufgegeben war, plumpste plötzlich das Sackerl mit den Rosinen mit elegantem Schwung in einen Einkaufswagen. „Hurra!!!“, bis Weihnachten waren es noch 4 Wochen. Nun ging Rosis Traum wohl doch noch in Erfüllung? Aber nein, die Packung verschwand erstmal in einem dunklen Küchenschrank. Wenn Rosinen weinen könnten, so hätte Rosi das jetzt getan. Aber sie war ja so trocken, daß nicht das kleinste Tröpfchen Saft fließen konnte. Rosi zog sich in die äußerste Ecke der Packung zurück, und hier harrte sie traurig der Dinge, die da kommen würden.

Sie träumte wieder ihren Lieblingstraum, als sie merkte, wie sie plötzlich aus dem Sackerl in eine Schüssel purzelte. Erschrocken machte Rosi einen besonders großen Satz und landete gleich darauf nebenan auf dem Tisch. Jetzt ist alles aus, dachte Rosi gerade, doch da griffen zwei Menschenfinger nach ihr und warfen sie zu den anderen in die Schüssel zurück. Dann wurde es feucht um sie herum. Die Rosinen wurden gewaschen und jede versuchte, so viel Wasser wie möglich aufzunehmen. Alle hatten furchtbaren Durst, doch ihre Poren waren so vertrocknet, daß das Saugen gar nicht so einfach war. Und immer wieder wurde das Wasser weg gegossen. Schließlich plätscherte eine hellbraune Flüssigkeit aus einer Flasche über sie. Hmmm….dieser Geruch…..scharf, würzig, aber nicht unangenehm. Eine Rosine rief: „Das ist Rum! Jetzt kriegen wir alle einen Schwips!“

Und weil immer noch alle durstig waren, weigerte sich auch niemand, die Flüssigkeit aufzunehmen. Rosi saugte auf, so viel sie konnte. Ihr kleines Bäuchlein wurde allmählich immer runder und sie selbst immer fröhlicher. Alle Rosinen schubsten, drängelten und kullerten munter durcheinander. Sie lachten, quiekten, lallten und quatschten. Rosi kicherte: „Seht ihr, jetzt komme ich doch noch in einen Weihnachtsstollen! Hick .. hick ..!

So kicherten und juchzten die Rosinen noch eine ganze Weile herum, bis sie schließlich alle so voll waren, daß sie einfach an der Stelle liegen blieben, an die sie sich hingekullert hatten. Da schnarchten sie nun vor sich hin, bis sie unsanft geweckt wurden. Zusammen mit weiteren Zutaten kamen sie in eine Küchenmaschine. Dort wurden sie mit Mehl, Zucker, Eiern, Fett und Hefe zu einem Teig geknetet. Letztlich kamen auch noch Mandeln und Zitronat dazu. Alles zusammen wurde weiter geknetet, daß es eine schmerzhafte Angelegenheit geworden wäre, wenn unsere Rosinen durch den Alkohol nicht schon eine ordentliche Betäubung bekommen hätten.

Eigentlich schade, daß der Schnaps Rosis Gedanken etwas vernebelt hatte. So konnte sie es nicht in vollen Zügen genießen, Bestandteil eines Weihnachtsstollens zu sein. Jedenfalls hatte das Kneten nun aufgehört und der Stollen wurde in den Backofen geschoben, in dem es schon herrlich warm war. Die Wirkung des Alkohols ließ allmählich etwas nach und Rosi war rundum glücklich. Einige Rosinen und Mandeln jammerten: „Oh, ist das heiß! Ich verbrenne!“ Vor allem die, die außen lagen und nicht ganz vom Teig zugedeckt wurden, mussten besonders leiden. Rosi ruhte mitten im Stollenbauch. Dort konnte sie nicht verbrennen, blieb rund und saftig.

Schließlich sah der Stollen schön hellbraun aus und wurde aus dem Herd genommen. Er wurde eingebuttert und eine Menge weißer Staubzucker bedeckte bald seinen Rücken, so daß es aussah, wie ein Berg, auf den es frisch geschneit hatte. Unsere kleine Rosine war so stolz, nun zum schönsten Weihnachtsstollen, den sie kannte, zu gehören. War dieses Glücksgefühl noch zu übertreffen?

Nachdem sich ihre Nachbarn von der Hitze erholt hatten, hörte sie es tuscheln und raunen. „Bald kommen wir auf den Weihnachtskaffeetisch.“ „Das ist das Schönste, was einem Weihnachtsstollen passieren kann, am Heiligen Abend, dem schönsten Tag des Jahres, verspeist zu werden.“ „Die Menschen stellen an diesem Tag einen geschmückten Tannenbaum auf. An den hängen sie glänzende Kugeln und Fäden, und unzählige Kerzen erleuchten ihn. Es gibt keinen schöneren Baum.“ Wieder wurde Rosi von Sehnsucht beschlichen. „Wie lange dauert es noch, bis ich das auch erleben darf?“

Rosi konnte sich nicht vorstellen, daß es noch schöner werden sollte. Aber der Tag kam, an dem der Stollen wiederholt mit Puderzucker bestreut und auf eine wertvolle Porzellanplatte gelegt wurde. Rosis kleines Rosinenherz begann schneller zu schlagen. Nun war also der Höhepunkt ihres Daseins zu erwarten. Und sie wurde nicht enttäuscht. Was war das für eine Stimmung, die ihr da entgegenschlug, als die Tür zum Festsaal geöffnet wurde und die Platte mit dem duftenden Stollen den schönsten Platz auf der festlich gedeckten Tafel erhielt! Rosi erblickte auch den Weihnachtsbaum. Er sah noch viel schöner aus, als ihr beschrieben wurde. Rote und silberne Kugeln schmückten ihn. Glänzendes Lametta hing schwer herab. Dazwischen leuchteten kleine bunte Figuren und an der Baumspitze prangte ein heller Stern. Aber am schönsten waren die vielen kleinen Lämpchen, die goldgelb ein warmes Licht ausstrahlten. Oh, das war ein wunderschöner Baum! Unten, rund um den Stamm lagen viele bunte Pakete mit dicken Schleifen und kleinen Kärtchen. Von irgendwoher ertönte ein Glöckchen. Die Tür öffnete sich und festlich gekleidete große und kleine Menschen gingen zum Baum. Vor allem den kleinen Leuten sah man die Aufregung an, als sie mit leuchtenden Augen die Pakete öffneten. Das waren also die Geschenke, die sich die Menschen machten, dachte Rosi und sah, wie sie sich freuten und umarmten. Dann stellten sich die Menschen um den Baum und begannen zu singen. Auch Rosi und die anderen Rosinen stimmten mit ein; ganz leise, wie das bei Rosinen üblich ist. Nur sie selbst konnten sich hören. Alle waren von so unbeschreiblich viel Glück und Freude erfüllt. Diese Stimmung hielt auch weiterhin an, bis alle am Tisch saßen, der Kaffee duftete und der Stollen angeschnitten wurde.

Quelle: http://www.weihnachtsseiten.de/weihnachtsgeschichten/rosi-rosine/home.html
Autorin: Ilona Urbanek, http://www.ilonas-cottage.de/

Romantische Weihnachtszeit. Rustikale Tischdekoration mit Besteck und Geschirr zu Weihnachten.

Wir wünsche Ihnen und Ihrer Familie ein gesegnetes Weihnachtsfest und für das neue Jahr 2016 viel Glück, Freude, Erfolg und Gesundheit!

Dr. Claudia Nichterl
und das Team von essen:z