Heute möchte ich ein etwas in Vergessenheit geratenes Getreide näher vorstellen: die Gerste. Gerste (Hordeum vulgare) ist neben Weizen die vermutlich älteste Getreideart, die von uns Menschen kultiviert und angebaut wurde. Schon die alten Ägypter, Römer und Chinesen nutzten Gerste für Ihre Ernährung, die Griechen ernährten sich angeblich fast ausschließlich von Gerste. Bis heute ist sie nach Weizen, Reis und Mais weltweit die viertwichtigste Getreideart. Allerdings wird sie in unseren Breiten kaum mehr für Speisezwecke verwendet, bekannt ist sie uns vor allem als Brau-Gerste im Bier oder als Viehfutter.
Coole Wirkung
Dabei ist Gerste sehr wertvoll für unsere Gesundheit und wunderbar für heiße Sommertage. Nach TCM ist die Temperaturwirkung von Gerste kühlend und erfrischend. Wie Reis gleicht Gerste den Wasserhaushalt im Körper aus, beruhigt die Schleimhäute im Magen- Darmbereich, ist antioxidativ und senkt hohes Cholesterin. Auch bei Völlegefühl oder bei Verdauungsschwäche kann sie eingesetzt werden, da sie Nahrungsstagnation löst und die Mitte harmonisiert. Durch ihre hitzeausleitende Wirkung nutzt die TCM Gerste auch zur Vorbeugung bzw. Verbesserung bei Hautkrankheiten, Neurodermitis oder Allergien. Außerdem tonisiert Gerste das Qi und wirkt blutaufbauend, ideal um „Burn-Out“ vorzubeugen. Zudem stärkt Gerste das Bindegewebe und kräftigt Haare und Nägel. Westlich gesehen werde der hohe Eisen-, Zink- und Mangangehalt und dessen positive Wirkung auf den Körper hervorgehoben. Neu im Fokus der Forschung sind die enthaltenen ß-Glukane, die nachweislich den Cholesterinspiegel senken.
Im Handel erhältlich ist Gerste als Speisegerste, auch bekannt als Rollgerste oder Gerstengraupen. Diese Gerste wurden von den Spelzen befreit und ist dadurch bekömmlicher und besser verdaulich. Sie eignet sich hervorragend als Beilage, Suppen-Einlage (z.B. im Ritschert) oder als Gerstengrütze. Auch eine Verwendung als Mehl oder Flocken ist möglich. Im Biohandel ist auch Nacktgerste erhältlich, eine Sorte, wo die Körner nicht entspelzt werden müssen und so das Korn ohne Verlust von Keimlich und Kleie verwendet werden kann. Sie hat einen vollmundig, milden Geschmack und ist sehr gut zum Keim geeignet.
Eine spezielle Zubereitungsart ist TSAMPA, das traditionelle Getreidegericht Tibets. Dazu werden sonnengereifte Gerstenkörner mit heißem Sand vermischt und über Feuer geröstet. Die Körner werden dann vom Sand gereinigt und gemahlen. Dieses Tsampa-Mehl wird dann traditionell mit Yakbutter-Tee vermischt und ist eine sehr nahrhafte Mahlzeit. Durch den Röstprozess werden Aromastoffe freigesetzt und Stärke abgebaut. Tsampa ist dadurch sehr bekömmlich und eine ideale Zutat für schnelle Mahlzeiten. Eines meiner Lieblingsrezepte ist eine Tsampa-Joghurt-Kaltschale, dazu etwas Obst in mundgerechte Stücke schneiden, in eine Schüssel oder Glas geben, darauf 3-4 EL Tsampa und Joghurt. Mit Minze garnieren und fertig.
Gerstenwasser – der „coole“ Sommerdrink
Gerstenwasser wird in England traditionell als „Barley Water“ zur Fiebersenkung eingesetzt. An heißen Tagen ist es ein herrliches Erfrischungsgetränk. Dazu 4 EL Gerste mit 2 Liter Wasser für 45 Minuten köcheln lassen. Den Sud dann abgießen – die Körner können z.B. für einen Obstsalat mit Gerste verwendet werden – und kühl stellen. Gerstenwasser dann entweder kühl pur trinken oder mit etwas Fruchtsaft im Verhaltnis 1:3 mischen. Wer noch mehr bewegende/entstauende Wirkung möchte, kann 3-4 Kardamomkapseln mitkochen.
Graupotto – die Sommer-Alternative zu Risotto
2 Portionen