Gaumenfreuden in Vietnam

Seit über 20 Jahren liebe ich es zu reisen! Land und Leute kennen zu lernen und vor allem auch die Lebensmittel, Rezepte und Küchen aus anderen Ländern, das interessiert mich schon immer. Was als Studentin mit ersten Reisen nach Malaysia, Indonesien, Philippinen und Australien begann, mündete konsequenterweise in einen fast 3 jährigen Mexiko-Aufenthalt, um dort Diplomarbeit und Dissertation zu schreiben. Viele, die mich näher kennen, wissen, dass die mexikanischen Mayas und ihr Wissen über die Qualität von Lebensmitteln, vergleichbar mit der thermischen Wirkung nach TCM, mein Interesse für die ganzheitliche Sicht auf Lebensmittel geweckt haben, was letztendlich zur Ausbildung zur Ernährungsberaterin nach den 5 Elementen (TCM) geführt hat. Meine Begeisterung dafür ist die Grundlage für meinen Beruf und mit Begeisterung bin ich seit fast 15 Jahren Ernährungsberaterin, Kochbuch-Autorin, Inhaberin eines Kochstudios und gebe mein Wissen als Dozentin sehr gerne weiter. Was aber durch mein intensives berufliches Leben in den letzten Jahren eindeutig zu kurz kam, war: das Reisen. Als ich dann vor Monaten im Newsletter von meinem Lieblings-Reisebüro Bluebirdtravel von einer kulinarischen Reise nach Vietnam las, hatte ich sofort das Gefühl im Bauch: „DAS will ich machen!“. Und jetzt – einige Monate später kann ich Euch sagen, es war eine der besten und schönsten Reisen meines Lebens!

PhoAm 18. Jänner ging es los nach Vietnam gemeinsam mit meiner Kollegin und Freundin Susanne Lindenthal, die genauso wie ich an gutem Essen, Ess-Kultur und TCM interessiert ist. Viel wusste ich nicht über Vietnam als wir in den Flieger stiegen. Die letzten Wochen vor der Abreise waren beruflich intensiv, ich hatte es grade geschafft ein paar Reiseführer zu besorgen, um mich auf der Reise einzulesen. Was ich aber wusste – ich mag vietnamesisches Essen, besonders die „Pho“, die berühmte vietnamesische Suppe und die vielen Kräuter. Also auf nach Osten, um mehr darüber zu erfahren. Der Rest wird sich schon finden. Und so war es. Dank liebevoll ausgewählter Restaurants und diverser kultureller Programmpunkte und landschaftlicher Höhepunkte ist es uns wirklich gelungen in knapp drei Wochen einiges über Land und Leute zu erfahren. Schwerpunkt war für uns natürlich die Ernährung und das gute Essen, vertieft durch einige Kochkurse.

Sind Vietnamesen Ess-Philosophen?

2016-01-30 07.36.37Was hat mich am meisten beeindruckt? Essen in Vietnam ist mehr als nur Nahrungsaufnahme. Essen ist eine Weltanschauung , ein kulturelles Erlebnis, ein Vergnügen und auch eine Wissenschaft für sich. Ähnlich wie in der TCM werden jedem Fleisch, jedem Gemüse, jeder Flüssigkeit bestimmte Eigenschaften zugesprochen. Das eine ist gut für die Verdauung, das andere für die Leber, wieder ein anderes regt den Kreislauf an, stärkt das Herz oder ist gut für die Männer, womit wohl deren Potenz gemeint ist. Nachdem ich mich mehr mit der Geschichte Vietnams beschäftigt habe, war klar, warum das so ist – über 1000 Jahre herrschen Chinesen in Vietnam und bis heute sind viele Traditionen, auch medizinisch, auf China zurückzuführen. Ich war positiv überrascht, dass die thermische Wirkung der Lebensmittel in Vietnam noch als Allgemeinwissen verankert ist: die eine Frucht macht warm, die andere kühlt die Körpertemperatur. Essen sollte immer ausgewogen sein und die Dualität von Yin und Yang berücksichtigen. Sogar am Frühstücks-Buffet im Hotel wurde auf die 5 Elemente Ernährung hingewiesen!

Oanh SaigonUnsere Reiseführer haben wir mit vielen Fragen gelöchert, vieles wurde geduldig beantwortet, einiges führte zu Erstaunen – es gibt sicher nicht oft Touristinnen, die es so genau mit dem Essen wissen wollen. So richtig kompetent beantwortet wurden viele Fragen dann bei Oanh, unserer Kochkurs-Leiterin in Saigon. Mit ihr  spazierten wir über einen großen Markt in Saigon. Sie selber hat sehr viel Bewusstsein über die gesundheitliche Wirkung von Lebensmitteln, erklärte uns auch, dass Vietnamesen, die auf sich halten bzw. wert auf gesunde Ernährung legen, die traditionellen Süßspeisen, die für das chinesische Neujahr üblich sind, unbedingt selber machen – das was am Markt angeboten wird, ist leider zum Teil auch schon mit Konservierungsmitteln etc. belastet. Da sie selber gerade schwanger ist, wurden wir mit Tipps über milchbildende Lebensmittel und Kraftsuppen überhäuft und wir fanden viele Übereinstimmungen mit unserem klassischen TCM Wissen.

2016-01-29 11.26.43In den diversen Kochkursen durften wir Hand an legen und vietnamesische Speisen selber zubereiten. Was mich überrascht hat ist, wie schnell das alles ging. Klar, vieles war vorbereitet, aber die Alltagsküche von Vietnam kann ja fast schon als Fastfood bezeichnet werden – in 5-10 Minuten waren die meisten Speisen fertig. Begeistert hat mich, wie sehr hier auch auf die Harmonie der Geschmacksrichtungen eingegangen wird. In der Regel beinhalten die Speisen was salziges (Fischsauce), süßes (Zucker), saures (Gemüse oder Obst), bitteres (Kräuter) und was scharfes (Chili). Mit dem TCM Blick darauf sage ich – 5 Elemente Küche pur! Diese Ausgewogenheit unterstützt das Gleichgewicht im Körper und sogar die einfachste Garküche wird diesem Anspruch gerecht. Im Reiseführer finde ich dann auch die Aussage: Vietnamesen sind Ess-Philosophen – ich glaub nur, selber würden sie sich nie so bezeichnen, für sie ist es ganz normal, dass Essen gute Qualität hat und vor allem frisch ist.

Frisch und lebendig

Morning GloryDas mit der Frische hat uns auch Daniel Hoyer bestätigt. Er lebt seit über 10 Jahren in Hanoi, ist Kochbuch-Autor und bietet Touren für Touristen zum Thema Streetfood an. Wir waren einen Tag mit ihm auf den Märkten Hanois unterwegs und fasziniert haben mich seine Schilderungen über Qualität und Frische. Hanoi hat ein Einzugsgebiet mit etwa 6,5 Millionen Einwohner und eine Unzahl an Märkten. Für die tägliche Nahrungszubereitung wird in der Regel frisch am Markt eingekauft. Frisch bedeutet wirklich frisch, dh. vor wenigen Stunden geerntet, geschlachtet oder auch noch lebendig. Was bis heute abend nicht verkauft wird, kommt morgen nicht mehr am Markt – es wird verkocht und verwertet. Lebensmittel am Markt sind in der Regel nur wenige Stunden alt und – für uns Europäer oft schwer mit anzusehen – frisch bedeutet bei vielen Tieren, lebendig. Mit der Entscheidung zum Kauf wird das Tier getötet oder lebendig mit nach Hause genommen. Dieser direkte Bezug zum Töten ist nicht immer leicht mit anzusehen, vor allem entsprechen die Haltungsbedingungen von Fisch, Fröschen, Schlangen und was es sonst so am Markt zu finden gibt, nicht unbedingt unseren Tierschutz-Vorstellungen. Wesentlich wohler gefühlt habe ich mich in der Obst- und Gemüse-Abteilung. Es gibt frische Kräuter und Salate in Unmengen und wirklich alles wird verwertet. Fasziniert hat mich ein kleines Küchengerät zum Aufspalten der Stiele von Morning Glory, das ist Wasserspinat und kommt ganz häufig in der vietnamesischen Küche vor. Verzehrt werden die Blätter, aber für Salate werden auch die Stiele verwendet und da sie – ähnlich wie bei unserem Spinat – etwas grob sind, werden diese mit einem speziellen Gerät in feine Fäden zerteilt. Etliche Marktdamen sitzen den ganzen Tag am Markt und bereiten die Stiele so auf. Auch viele andere Zutaten werden für die schnelle Küche als „convenience food“ aufbereitet, wie z.B. Bananenblüten fein geschnitten oder Kräuter gezupft. Mit solchen vorbereiteten Zutaten ist im Nu eine frische, ausgewogene Mahlzeit zubereitet.

Die Grundpfeiler der vietnamesischen Küche sind Reis, die Fischsauce nuoc mam und frische Kräuter. Viele meinen, in Vietnam isst man besser als in anderen asiatischen Ländern. Das ist auch mein Eindruck nach unserer Reise, wobei ich persönlich auch die thailändische Küche sehr schätze. Die starken Einflüsse von chinesischer und später durch die Kolonialherrschaft französischer Kochkunst führte zu einer originellen, unverwechselbaren Küche. Für europäische Gaumen sind vietnamesische Rezepte weder allzu scharf gewürzt, noch allzu fremd oder exotisch. Die Verwendung von Fischsauce anstelle von Sojasauce und Glutamat und die starke Vorliebe für frische Kräuter machen vietnamesische Speisen leicht und bekömmlich – und für mich persönlich schmecken sie auch differenzierter als die chinesischen Speisen. Hin und wieder hätte es etwas schärfer sein können, aber das ist Geschmackssache.

Unser Reiseverlauf

ReisteigplattenUnsere Reise führte uns von Hanoi im Norden, mit einem kleinen Abstecher in die Halong Bucht, weiter in den Mittelteil von Vietnam. Hoi Ann, heute Weltkulturerbe und für Touristen ein Einkaufsparadies, hat uns trotz schlechten Wetters sehr begeistert. Ein kleiner Fahrrad-Ausflug führte uns in eine Gärtnerei, wo wir die Vielzahl an Kräutern und Gemüsen genauer kennenlernen konnten – sogar ein Salatbeet durften wir anlegen. Über den Wolkenpass ging es dann nach Hue, wo ein kulinarisches Highlight das andere jagte. Die Restaurants und Menü-Auswahl gab uns einen sehr guten Überblick über die dort regionale Küche. Der Besuch einiger Tempel sorgte für Energieverbrauch zwischendurch – wir können ja nicht nur essen…..

In Ho Chi Minh City bzw. Saigon ist der westliche Einfluss am stärksten erkennbar. Die Stadt ist mit anderen Großstädten vergleichbar und nicht mehr so typisch vietnamesisch. Die Saigon Cooking School gab uns weiteren Einblick in die Zubereitung authentischer vietnamesischer Speisen, der Kochkurs war der gemütlichste, weil er fand im Sitzen statt! Für zwei Tage fuhren wir an den Mekong. Am Programm standen vor allem Besuche bei Produzenten. Kleine Familienbetriebe erzeugen Süßigkeiten aus Kokosmilch, gepufften Reis, aber auch Reisnudeln und Reisteigplatten. Wir konnten überall zuschauen und natürlich auch verkosten. Ich hoffe, ich konnte mit dieser Schilderung einen ersten Eindruck vermitteln und vielleicht auch Lust auf eine Reise nach Vietnam machen.

Weitere Bilder findet Ihr auf Flickr

Alles was ich lernen durfte, gebe ich natürlich gerne weiter und lade herzlich ein zum

SalatKochkurs „Vietnamesisch kochen“ am 16. Februar 2017   im essen:z kochstudio,

Infos und Anmeldung bei Monika Niederle 0681-20408485 bzw. Office@essenz.at

Außerdem möchten wir nochmals nach Vietnam – voraussichtlich 2018 – 2 Wochen im Zeitraum Jänner bis März. Interessenten für eine weitere kulinarische Reise melden sich bitte unter office@essenz.at – wir freuen uns auf genussfreudige Mitreisende!

 

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3 Gedanken zu „Gaumenfreuden in Vietnam

  1. Liebe Claudia!

    Danke für deinen schönen Reisebericht. Mir lief das Wasser im Mund zusammen beim Lesen :)) und es tut mir leid, dass ich nicht mitfahren konnte!
    Es freut mich, dass du soviele und unglaublich tolle Eindrücke gesammelt hast und diese gleich in einem Kochkurs weiter gibst. Ich muss noch meinen Terminkalender zu Rate ziehen, aber ich wäre gerne dabei…
    Mit lieben Grüßen aus Graz
    Christina

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